06. November 2024 Die BFS-Statistik vermittelt ein verzerrtes Bild der Einkommenssituation
Die Veröffentlichung des Bundesamts für Statistik (BFS) vom 30.09.2024 über die Löhne der Kulturschaffenden in der Schweiz vermittelt ein verzerrtes Bild von der finanziellen Lebensrealität der selbständig erwerbenden Musiker*innen in der Schweiz. Die Statistik, die einen Medianlohn von 91’000 Franken für Vollzeitbeschäftigte in Kulturberufen angibt, spiegelt jedoch nicht die Realität vieler freischaffender Musiker*innen wider, die tagtäglich mit prekären Einkommensverhältnissen kämpfen. SONART – Musikschaffende Schweiz, der Berufsverband für freischaffende Musiker*innen, kritisiert daher die neuen Zahlen zu den Kulturschaffenden 2023.
Ein verzerrtes Bild durch statistische Vermischung
Die BFS-Studie zieht eine breite Palette an Berufsgruppen unter dem Begriff "Kulturschaffende" zusammen, darunter auch Berufe wie Grafiker*innen und Architekt*innen, die oft in wirtschaftlich stabileren Verhältnissen tätig sind. Diese Vermischung führt zu einem verzerrten Bild der Einkommensverhältnisse. Für freischaffende Musiker*innen, die oft auf projektbasierte, kurzfristige Engagements angewiesen sind, stellt sich die Einkommenslage deutlich schlechter dar.
Dies bestätigen die Zahlen der Studie von Suisseculture und Ecoplan vom 23.05.2023. Das Einkommensniveau sinkt jährlich und mehr als die Hälfte aller Kulturschaffenden verdient weniger als 40’000 CHF im Jahr (Ecoplan, 2023).
Realität der freischaffenden Musiker*innen
Während das BFS für Vollzeitbeschäftigte einen Medianlohn von 91’000 CHF angibt, zeigt unsere Erfahrung, dass freischaffende Musiker*innen in der Regel weitaus geringere Einkommen erzielen. Viele Musikerinnen sind Teilzeit tätig oder kombinieren mehrere Jobs, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Studie selbst bestätigt, dass der Medianlohn bei Teilzeitbeschäftigungen, die in der Kulturbranche besonders häufig vorkommen, bei 45'700 CHF liegt – ein Wert, der das eigentliche Einkommen vieler Kulturschaffender realistischer widerspiegelt.
Die Bedeutung öffentlicher Unterstützung
Die Annahme, dass die Kulturschaffenden auf Basis dieser Statistiken gut verdienen und keine weiteren Subventionen benötigen, ist gefährlich. Öffentliche Förderung bleibt für den Grossteil der Musiker*innen unverzichtbar, um den Fortbestand und die Vielfalt der Kultur in der Schweiz zu sichern. Ohne diese Unterstützung könnten viele freischaffende Musiker*innen ihren Beruf nicht weiter ausüben.
Lohnungleichheit und Geschlechterdiskriminierung
Die Statistik offenbart zudem, dass weibliche Kulturschaffende bei Vollzeitbeschäftigungen deutlich weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Frauen in der Kulturbranche verdienen bei gleicher Qualifikation bis zu 28’300 CHF weniger als Männer. Auch die Tatsache, dass Frauen seltener in Führungspositionen vertreten sind, verschärft diese Ungleichheit weiter.
Die BFS-Studie vermittelt ein zu optimistisches Bild der wirtschaftlichen Lage von Kulturschaffenden in der Schweiz. Für freischaffende Musiker*innen, die nicht in staatlich subventionierten Orchestern oder fest angestellt sind, stellt sich die Einkommenssituation sehr viel schwieriger dar. SONART fordert eine realistischere Darstellung und die Anerkennung der prekären Lebensrealitäten, mit denen viele freischaffende Künstler*innen konfrontiert sind. Wir setzen uns weiterhin für die Notwendigkeit öffentlicher Subventionen und fairer Arbeitsbedingungen ein, um die kulturelle Vielfalt in der Schweiz zu bewahren und Musiker*innen in ihrem Beruf zu unterstützen.
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Über SONART – Musikschaffende Schweiz
SONART – Musikschaffende Schweiz ist der grösste Berufsverband der freischaffenden Musiker*innen in der Schweiz. Er vertritt deren Interessen auf politischer und gesellschaftlicher Ebene. Er setzt sich ein für gute berufliche Rahmenbedingungen und bietet ein breites Dienstleistungs- und Beratungsangebot an.
Links:
https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kataloge-datenbanken.assetdetail.32669775.html
21. Oktober 2024 POSITIONSPAPIER
BASLER MUSIKINITIATIVE «Für mehr musikalische Vielfalt»
SONART, der Verband der Schweizer Musikschaffenden, begrüsst den Anstoss der Basler Musikinitiative. Das Projekt der Freien Musikszene in Basel greift eine Thematik auf, die die Musik- und Kulturszene in der ganzen Schweiz bewegt – und die sich im Rahmen der Pandemie zwischen 2020 und 2022 noch stärker akzentuiert hat: Die Schweizer Kulturpolitik, die öffentliche Kunstförderung sowie die Frage der Verteilung der öffentlichen Mittel zwischen Institutionen und Freier Szene befinden sich in einem Dilemma.
Das Wichtigste in Kürze:
- Stimmfreigabe: SONART unterstützt die Diskussion und überlässt die Entscheidung den Stimmbürger*innen des Kantons Basel-Stadt.
- Kulturförderung: Legitimer Ruf nach mehr Mitteln für die breite und vielfältige Freie Szene.
- Knappe öffentliche Kulturbudgets: Förderung wurde vielerorts nicht einmal der Teuerung angepasst.
- Gemeinsames Engagement: SONART setzt auf Zusammenarbeit innerhalb der Kulturszene statt auf Grabenkämpfe.
Neue Ansätze sind gefragt, der Diskurs ist wichtig und notwendig. Es geht letztlich um die Frage des gesellschaftlichen und ökonomischen Werts von Musik, es geht um die Wertschätzung der Musikberufe.
SONART nimmt als Schweizer Berufsverband normalerweise nicht direkt Stellung zu politischen Projekten auf Ebene der Kantone und Städte. Es ist unseren Mitgliedern freigestellt, sich für dieses Projekt zu engagieren. Und es ist den Stimmbürger*innen des Kantons Basel-Stadt überlassen, zu entscheiden, ob sie diese Initiative unterstützen und wie in Basel die künftige öffentliche Kulturpolitik konkret ausgestaltet werden kann.
Führt ein Ja zur Initiative «automatisch» auch zu erhöhten Kulturbudgets in Basel? Bedeutet ein Nein, dass die heutige Verteilung der Mittel als richtig erachtet wird und damit unverändert weitergeht? Dass sich etwas bewegt, ist das Anliegen von SONART.
Wie dem auch sei: Die Initiative greift entscheidende Fragestellungen auf. Sie hat positive Aspekte, ist geprägt vom politisch harten Verteilkampf im Kultursektor. Ob die Realpolitik – und damit auch das öffentliche Bewusstsein – bereits für neue Ansätze und erhöhte Kulturbudgets bereit ist, bleibt offen. Die exemplarische Basler Initiative gibt – so oder so – dazu schweizweit einen wichtigen Anstoss.
Aspekte zur Beurteilung der Basler Musikinitiative
Verteilung der öffentlichen Kulturmittel – mehr für die Freischaffenden
Die Basler Initiative nimmt zurecht die Tatsache bei fast allen Kantonen und kommunalen Förderstellen auf, dass die öffentlichen Kulturfördermittel zu einem grossen Teil zugunsten von institutionellen Kulturträgern wie Sinfonieorchestern, Opern, Theatern, Museen, etc. ausgerichtet werden. Schweizweit liegt die Mittelverteilung zwischen 80 und 95 Prozent auf der Seite dieser Institutionen. Ist dies noch zeitgemäss? Zumindest haben diese mittelfristig gebundenen Mittel ihre Geschichte und auch eine hohe Berechtigung, da es sich hier um Tausende von hochqualifizierten Arbeitsplätzen in einem «Service Public» handelt sowie um langfristige Planbarkeit und Infrastruktur (sowie deren laufende Erneuerung).
Trotzdem ist der Ruf nach einem höheren Anteil für unabhängige Projekte nichts als legitim. Die Freie Szene hat sich breit und vielfältig entwickelt, auch hier handelt es sich um wichtige Kulturarbeitsplätze, um innovative und zeitgenössische Projekte und um deren planerische Absicherung. Ob dieser Anteil – wie in der Basler Initiative gefordert – 30 Prozent (oder mehr oder weniger?) betragen soll, ist der Entscheid der jeweiligen politischen Ebene.
Vielfalt und Diversität – immer mehr Anforderungen an Qualität
Die öffentliche Kulturförderung geht immer stärker von Qualitätskriterien aus, aber auch von Begriffen wie «Vielfalt», «Diversität», «Honorarbedingungen», «Innovation», «Nachhaltigkeit». Der Fokus richtet sich zu Recht auf diese relevanten Fragestellungen.
Dies bedeutet für geförderte Projekte und Institutionen jedoch auch immer höhere Anforderungen und Aufwendungen bei der Planung und Durchführung – unabhängig davon, ob es freie Projekte sind oder institutionelle.
Die Basler Initiative konzentriert sich dabei laut ihrem Titel und Initiativtext auf den Aspekt der «Vielfalt», was aber im Fall der Annahme und der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzes sicher noch verhandelbar und ausweitbar ist.
Öffentliche Kulturbudgets zu knapp – nichts gelernt aus der Pandemie
Während der Pandemiejahre war die Bereitschaft der Politik für gezielte soziale und wirtschaftliche Massnahmen relativ hoch – die «Systemrelevanz» von Kultur wurde anerkannt. Daraus resultierten Unterstützungsmassnahmen für ausgefallene Konzerte, Erwerbsersatz für Kulturschaffende und weitere Massnahmen.
Seither aber, zurück in der «normalen» Welt, hat sich in diesem Bereich nichts mehr bewegt. Im Gegenteil: Zwar gab es damals mehrere Millionen an Ausfallentschädigungen für Institutionen und Veranstaltende, die Honorare der Musikschaffenden haben sich seither hingegen (mit der Inflation) nach unten entwickelt. Ebenso die Kulturbudgets von Bund (Kulturbotschaft des Bundes), Kantonen und Städten. Vielerorts wurden die Kulturbudgets nicht einmal der Teuerung angepasst oder sogar gekürzt.
Honorardifferenzen – der Graben zwischen Prekariat und ausgehandelten Löhnen
Es ist eine Realität, dass die Honorardifferenzen im Musiksektor für professionelle Musiker*innen (mit beispielsweise einem gleichwertigen Hochschulabschluss) gewaltig sind. Während Opern, Theaterhäuser etc. dank Gesamtarbeitsverträgen ihre professionellen Orchestermusiker*innen einigermassen gerecht entlöhnen, bewegen sich die Honorare der Freien Szene (z.B. Jazz, Pop-Rock, klassische Ensembles, Neue Musik, Improszene, etc.) zwischen 15 und 40 Prozent weiter unten. Das Prekariat im Musiksektor geht also weiter!
SONART will deshalb mit seinen Honorarempfehlungen (momentan noch in der Entwurfsphase) gesamtschweizerisch einen Beitrag leisten. Allerdings: Dies bringt die Kulturförderung nochmals ins Dilemma, da sich bei gleichbleibenden Budgets und den Anforderungen an gerechte Honorare die Anzahl der geförderten Projekte natürlicherweise reduziert.
Fazit (und auch ein Dilemma der Basler Initiative): Ohne erhebliche Erhöhung der öffentlichen Kulturmittel kann der Verteilkampf um die Kulturmittel sowie die Forderung gerechter Honorare für die einen oder die anderen fatal werden.
Freie Szene versus Institutionen – gefährliche Grabenkämpfe
Das Basler Komitee gegen die Musikinitiative nennt sich «Nein-Zur-Spaltung». Das Nein-Komitee ist in der Basler Kulturszene ebenfalls gut verankert und besteht vor allem aus Vertreter*innen der Kulturinstitutionen. Diese befürchten bei der Annahme der Initiative massive Reduktionen ihrer eigenen Budgets – was je nach (finanz)politischer Lage im Kanton Basel-Stadt nachvollziehbar ist.
SONART hat sich, nicht zuletzt durch die Erkenntnisse aus der Pandemie sowie durch die aktive Einbindung in die Taskforce Culture und den Dachverband Suisseculture, immer für ein Zusammengehen der Kulturbranche als Ganzes und gegen ein Gegeneinander einzelner «Interessengruppen» oder Kulturbereiche eingesetzt.
À la longue kommt die Musikszene (auch zusammen mit der übrigen Kulturszene) nicht darum herum, in der Öffentlichkeit gemeinsam aufzutreten und gemeinsam erarbeitete Vorschläge und Ziele zu verfolgen.
Dies ist ein Argument gegen die Basler Musikinitiative, welche es wagt, die entscheidenden Fragen der Kulturpolitik nun aufzugreifen. Nichtsdestotrotz bleibt aber die Hoffnung, dass man nach der Basler Abstimmung, dann wieder am selben Strick zieht und gemeinsame Lösungen erkämpft.
Links
Basler Musikinitiative, www.musikvielfalt.ch
Nein-Zur-Spaltung, www.nein-zur-spaltung.ch
Vorstand SONART, 17.10. 2024
Redaktion: Michael Kaufmann, Präsident SONART
27. September 2024 Medienmitteilung der Taskforce Culture vom 27. September 2024
Kulturbotschaft: Kultur statt Sparen!
Die Taskforce Culture TFC, ein Zusammenschluss verschiedener Schweizer Kulturverbände und -organisationen, ist erleichtert, dass das Parlament den Vorschlägen des Bundesrats gefolgt ist und den Zahlungsrahmen der Kulturbotschaft 2025–2028 bewilligt hat. Für die Schweizer Kultur ist die Beibehaltung des Zahlungsrahmens entscheidend, gerade auch mit Blick auf die Budgetdiskussion in der Wintersession und die Sparpläne des Bundesrats.
27. September 2024 Medienmitteilung SWISSPERFORM vom 27. September 2024
SWISSPERFORM trennt sich von Geschäftsleiter Poto Wegener
Der Vorstand von SWISSPERFORM hat die Entscheidung getroffen, sich vom langjährigen Geschäftsleiter Poto Wegener zu trennen. Diese Entscheidung ist das Ergebnis eingehender Beratungen im Zuge der laufenden Restrukturierung und Digitalisierung von SWISSPERFORM.
23. September 2024 Herbstsession: Räte einigen sich auf Kulturbeiträge 2025 – 2028
Die eidgenössischen Räte haben sich über die Finanzierung der Förderbeiträge des Bundes für die Kultur für die Jahre 2025 bis 2028 geeinigt. Die Mittel von Pro Helvetia werden somit nicht gekürzt. Die Beiträge sind parlamentarisch bereinigt. SONART begrüsst diesen Entscheid.
Zur SDA-Meldung
12. September 2024 Medienmitteilung der Taskforce Culture vom 11. September 2024
Kulturbotschaft: Unverständnis für Entscheid des Nationalrates
Die Taskforce Culture, ein Zusammenschluss verschiedener Schweizer Kulturverbände und -Organisationen, zeigt sich tief besorgt über den Entscheid des Nationalrates zur Kulturbotschaft 2025–2028, im Budget von Pro Helvetia 6.5 Millionen zu streichen. Die Taskforce Culture erwartet, dass der Ständerat Vernunft walten lässt und dem Antrag des Bundesrates zum Durchbruch verhilft.
03. Juli 2024 Stellungnahme von Suisseculture vom 30. Juni 2024 zum WBK-N-Kürzungsantrag
«Mit Verwunderung und Befremden nimmt Suisseculture die Nachricht auf, dass die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) den Betrag für die Auslandsaktivitäten von Pro Helvetia um 6.5 Millionen Franken kürzen möchte. Sie folgt damit weder der Haltung und Empfehlung des Bundesrats, noch des Ständerats. Nach Ansicht von Suisseculture ist dies ein falscher Entscheid, der falsche Signale setzt und viele hochklassige kulturelle Tätigkeiten und Aktionen gefährdet. Denn solche Entscheide treffen immer zuerst die Kulturschaffenden, die auf die Promotion im Ausland und die Unterstützung ihrer internationalen Arbeit angewiesen sind.»
Die gesamte Stellungnahme von Suisseculture findet ihr hier.
Suisseculture ist der Dachverband der Organisationen der professionellen Kulturschaffenden der Schweiz und der schweizerischen Urheberrechtsgesellschaften. SONART ist Mitglied von Suisseculture und zudem im Vorstand von Suisseculture vertreten.
19. Juni 2024 Medienmitteilung von Suisseculture vom 19.6.2024: Geplante Teilrevision der Radio- und Fernsehverordnung
«Suisseculture stellt irritiert fest, dass der Gesamtbundesrat die vom UVEK-Vorsteher Albert Rösti vorgeschlagene Teilrevision der Radio- und Fernsehverordnung (RTVV) durchsetzen will. Er setzt sich damit über die Haltung einer klaren Mehrheit der eingegangenen Vernehmlassungsteilnehmenden hinweg: Ein Grossteil der eingeladenen Organisationen, der Parteien sowie diverse Kantone und zahlreiche Interessenorganisationen hatten sich insbesondere gegen eine Senkung der SRG-Gebühren von 335 Franken auf 300 Franken ausgesprochen, bevor der Leistungsauftrag der SRG über die Konzession neu definiert worden ist.»
Die gesamte Medienmitteilung vom 19. Juni 2024 findet ihr hier.
Suisseculture ist der Dachverband der Organisationen der professionellen Kulturschaffenden der Schweiz und der schweizerischen Urheberrechtsgesellschaften. SONART ist Mitglied von Suisseculture und zudem im Vorstand von Suisseculture vertreten.