SONART setzt sein Engagement zugunsten des Musikschaffens in der italienischen Schweiz fort. Die mit der geografischen Lage verbundenen Schwierigkeiten sind zahlreich: Die begrenzte kritische Masse, das geringe Bewusstsein der kantonalen Behörden und der Bevölkerung für unsere Themen sowie niedrige Steuereinnahmen führen zu einem strukturellen Rückstand, der nicht in kurzer Zeit aufgeholt werden kann. Wir lassen uns dadurch aber nicht entmutigen, gehen Schritt für Schritt voran und erzielen konkrete Resultate.
Foto: La Straordinaria © Sarah Maton
Während drei Jahren Arbeit konnte SONART seine Position in der Region als Hauptansprechpartner für kulturpolitische Fragen, insbesondere das Kulturschaffen, und als Vermittler zwischen Institutionen und Kulturschaffenden im Bereich Musik festigen. Unsere Hauptforderung ist – wie in den meisten Kantonen – die Anerkennung unserer Arbeit als fester Bestandteil der lokalen Kultur sowie die Schaffung von Strukturen zur finanziellen und logistischen Unterstützung unserer Tätigkeit. Deshalb führen wir Ausschreibungen für alle Phasen und Niveaus des Musikschaffens (Nachwuchs bis Profis) durch und stellen Räumlichkeiten für bezahlte Aufenthalte und Proben zur Verfügung. Bis jetzt unterstützt nur das Kulturdepartement des Kantons Tessin (Dipartimento Cultura del Canton Ticino, DECS) das Musikschaffen mit Beiträgen von bis zu CHF 5000 für die Aufnahme eines Albums, von bis CHF 5000 für eine Tournee und mit drei Ausschreibungen alle zwei Jahre in der Höhe von CHF 15'000 für das Musikschaffen (die von SONART 2022 nachdrücklich gefordert worden waren). Dies zeigt klar die Unterschiede zu den anderen Sprachregionen auf, die über eine bessere und strukturiertere Unterstützung verfügen, obwohl auch diese noch ungenügend ist.
Kantonale Politik
Am 14. November 2023 fand in Bellinzona ein Treffen mit der Direktorin des DECS, Staatsrätin Marina Carobbio Guscetti, statt. Ziel war ein Austausch mit aktiven Musikschaffenden aus verschiedenen Bereichen. Rund hundert Personen von Musikschulen, Festivals, Vereinen sowie selbstständige Musikerinnen und Musiker nahmen teil.
Während des Austausches wurden einige vielversprechenden neuen Ideen entwickelt, darunter die Schaffung eines «Vertrauensverhältnisses» zwischen dem DECS und den Vertreterinnen und Vertretern der Fachverbände, dies über zielorientierte, regelmässige Treffen. Ziel wäre es, die tatsächlichen Bedürfnisse der einzelnen Bereiche zu erheben. Am Treffen wurde SONART mehrmals genannt; der Verband könnte als Vertreter und Sprecher aller Bereiche auftreten.
Diese neue Entwicklung kann als echter Wille des Kantons verstanden werden, etwas zu verändern, und wir dürfen dies als sehr günstigen Moment wahrnehmen. Er zeigt, dass die Behörden bereit sind, die Abläufe und die Finanzierung im Bereich Musik zu überdenken.
Wir müssen nicht betonen, wie wichtig dies wäre und dass sich für SONART daraus die Möglichkeit ergeben würde, sich als Hauptansprechpartner für den Kanton zu positionieren, sich als Berufsverband zu legitimieren und zu massgebenden Veränderungen in der Unterstützung des Musikschaffens im Kanton Tessin beizutragen.
Städtische Politik
Die Zusammenarbeit von SONART mit der Stadt Lugano, dem wirtschaftlichen Zentrum des Kantons, beginnt Früchte zu tragen. Die aktuelle Situation ist gelinde gesagt dramatisch: Es gibt keine Clubs für Live-Auftritte und für den kulturellen Austausch zwischen der lokalen Szene und den Szenen aus anderen Regionen, keine strukturierte Unterstützung für das Musikschaffen, kein Portal, in dem Anträge gestellt werden können, und im städtischen Kulturbudget sind keine Ausgaben für unsere Tätigkeiten vorgesehen.
Kürzlich hat die Abteilung Kultur der Stadt Lugano die Resultate einer Umfrage zur aktuellen Situation des Musikschaffens publiziert. Die Umfrage, die auf die Initiative von SONART zurückgeht, ist das Resultat einer effizienten Zusammenarbeit mit der Stadt und ein erster wichtiger Schritt, um unseren Beruf ins Bewusstsein der öffentlichen Hand zu rücken. Die Resultate sprechen für sich: Personen, die in diesem Bereich arbeiten, müssen praktisch ohne öffentliche Unterstützung auskommen. Es gibt substanzielle Unterschiede in der Wahrnehmung der Professionalität und in der daraus folgenden Unterstützung von freischaffenden Musiker*innen gegenüber anderen Bereichen der Musik. Die Resultate und die Stellungnahmen der zuständigen Politikerinnen und Politiker ermutigen uns, unsere Arbeit fortzusetzen und diese Argumente zu nutzen, um den Dialog auch mit den anderen Städten und den kantonalen Behörden weiterzuführen.
Das kurzfristige Ziel besteht darin, dass die Abteilung Kultur der Stadt Lugano in Zusammenarbeit mit jenen Institutionen, die bereits stark von der öffentlichen Hand unterstützt werden (LAC, Città della Musica), ein Unterstützungsmodell erarbeitet. Es sollen Programme für Artists in Residence, für die Unterstützung der Komposition, der Produktion und der Förderung der freischaffenden Musiker*innen erarbeitet werden. Wir arbeiten dafür bereits mit der Abteilung Kultur, mit der Abteilung Events und mit den oben genannten Institutionen zusammen.
Unten die Links zur Medienmitteilung, den Resultaten der Umfrage und den Reaktionen der wichtigsten Medien (auf Italienisch).
Medienmitteilung
Resultate der Umfrage
Corriere del Ticino
La Regione
RSI Quotidiano
Blick in den Süden – Linecheck Milano
Unsere spezielle geografische Lage hat auch positive Aspekte. Als kleine Region, die zwischen der lateinischen Kultur und der nördlicheren liegt, können wir Brücken schlagen. Wir nutzen dies, um Begegnungsmöglichkeiten bei uns zu schaffen und die Entwicklung der lokalen Szene zu fördern.
Linecheck Milano ist ein wichtiges Festival, das Musikschaffende zusammenbringt. Nachdem SONART ein erstes Mal am Festival präsent war, wurde die Zusammenarbeit ausgebaut. Daraus entstand ein Workshop für die Mitglieder von SONART mit führenden Referenten für den italienischen Markt im Bereich Musikvermarktung. Die gemeinsamen Interessen von Linecheck und SONART bergen ein Entwicklungspotenzial, das der Musikszene der italienischen Schweiz nur zugutekommen kann. Kürzlich hat Linecheck einen symbolhaften Event organisiert um zu zeigen, dass es willens ist, unsere blühende Szene ins Festivalprogramm zu integrieren. Am Event «Ticino Ti Amo» vom 7. Juni traten im BASE von Milano drei Bands aus unserer Region auf. Dieser Event ist ein konkreter Schritt hin zu einer dauerhaften Verbindung und ein wichtiges Argument bei den Verhandlungen mit Institutionen.
Zukünftige Entwicklung
Die Wahl eines SONART-Vorstandsmitglieds für die italienische Schweiz (Fabio Besomi) hat den Weg frei gemacht für mehr Einfluss von SONART in unserer Region. Das derzeitige Engagement hat zwar Resultate gebracht und konkrete Möglichkeiten geschaffen, genügt aber noch nicht. Angesichts des strukturellen Rückstandes unserer Region sind wir überzeugt, dass mit mehr Arbeitseinsatz, insbesondere auf politischer und kultureller Ebene, die laufenden Prozesse beschleunigt werden und in kürzerer Zeit zu konkreten Resultaten führen können. Wir arbeiten daran, unsere regionale Vertretung effizienter zu machen und uns besser in die politischen Prozesse einzubringen, so dass wir unseren Bereich und die Entwicklung unserer Musikszene fördern können.
Fragen, Bemerkungen und Vorschläge nimmt Fabio Pinto gerne entgegen (fabio.pinto@sonart.swiss).